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USA: Lieder aus der Gewerkschaftsbewegung

Hard Hitting Songs

2. Januar 2018 | Am kommenden Freitag gastiert das fabelhafte Duo Yvonne Moore & Mat Callahan in der Konstanzer Zimmerbühne – mit Songs aus der US-amerikanischen ArbeiterInnenbewegung.

Sie sind in Konstanz eine feste Größe: Mat Callahan, der US-amerikanische Musiker, Songwriter und Buchautor, und seine Partnerin Yvonne Moore, die Sängerin mit der großartigen Stimme. In den letzten Jahren sind sie immer wieder in der Gela Homburgers Zimmerbühne aufgetreten, manchmal mit Begleitgruppe («The James Connolly Songs of Freedom Band»), meist jedoch zu zweit – und oft waren ihre Konzerte ausverkauft.

Callahan ist in San Francisco aufgewachsen, hat dort die aufregenden Sechzigerjahre erlebt und später eine Reihe von Bands mitgegründet, darunter The Looters, die erste US-Gruppe, die nach der Revolution in Nicaragua spielte. Er war ab 1986 federführend am Kulturkollektiv Komotion International beteiligt, das mit seinen Veranstaltungsräumen, den vielen Benefizkonzerten, einer Galerie, einem Aufnahmestudio und einem Magazin schnell bekannt wurde – und dessen Motto er formulierte: «Weil wir das Leben und den Kampf feiern / weil wir nicht zufrieden sind / weil es auf uns ankommt / weil wir gern singen und tanzen … / weil es Regierungen gibt und Grenzen und Polizei und Gerichte …»

Gross geworden in der US-amerikanischen Bürgerrechts- und Antivietnamkriegsbewegung mit ihrer vielfältigen Widerstandskultur, hatte Callahan früh Protestlieder zu schreiben und zu singen begonnen, er arbeitete mit dem 2014 gestorbenen legendären Liedermacher Pete Seeger zusammen und schrieb auch Bücher: «The Trouble with Music» (2005) zum Beispiel, einer fulminanten Kritik an der Musikindustrie, die überall sämtliche Sinne mit Gedudel verstopft. Oder «Testimony», das die kapitalistischen Machtverhältnisse analysiert. Zuletzt (2017) erschien von ihm der Band «Explosion of Deferred Dreams», der viele Mythen des Summers of Love, der Aufbruchstimmung im San Francisco der Sechzigerjahre, demontiert. (Die Schweizer Wochenzeitung WOZ publizierte in ihrer vorletzten Ausgabe ein Interview dazu, das hier nachzulesen ist.)

Zum ersten Mal aufmerksam wurde ich auf Callahan, der seit 1999 in der Schweiz lebt, als er die Lieder von James Connolly ausgrub und teilweise neu vertonte – jenem Revolutionär und Marxisten, der am Ende des irischen Osteraufstands 1916 vom britischen Besatzungsregime exekutiert worden war. Rund um den 100. Jahrestag dieser Revolte tourten er, seine Frau Yvonne und manchmal auch KollegInnen durch Irland, Britannien, die USA und die Schweiz (und gastierten auch in Konstanz). Ohne das «fröhliche, trotzige Singen revolutionärer Lieder» sei keine Umwälzung möglich, hatte Connolly einmal geschrieben – und genau darum, um gesellschaftliche Veränderungen, geht es Callahan. «Connolly war Internationalist», sagte er im Interview, der nicht vergessen werden dürfe, wo doch derzeit «Hurrapatriotismus, Nationalismus und die Rechte auf dem Vormarsch» seien.

Auf dem Programm stehen am Freitag nicht Connollys Lieder, sondern die Songs der geknechteten und ausgebeuteten ArbeiterInnen und GewerkschafterInnen, die vom Musikhistoriker Alan Lomax, dem legendären Politsängers und Aktivisten Woody Guthrie und Pete Seeger im Liederbuch «Hard Hitting Songs For Hard Hit People» zusammengefasst wurden – ein musikalisches Vermächtnis der US-Bewegungen in den Dreißigerjahren, das in der heutigen Zeit mit ihrem zunehmendem Rassismus und der wachsenden Gewerkschaftsfeindlichkeit bedrückend aktuell ist. Und das doch Mut macht – weil die Lieder auch den Widerstand feiern. (pw)