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Kapital & Arbeit: Dockersolidarität

Die letzte Fahrt der «Neptune Jade»

3. August 1998 | Während des Kampfs der Liverpooler Docker boykottierten Hafenarbeiter in Oakland (USA) ein Schiff. Und landeten vor Gericht.


Wieder einmal standen im Hafen die Kräne still, weil die Arbeiter Wichtigeres zu tun hatten, denn wieder einmal zogen Mitte vergangener Woche die Docker von Oakland (Kalifornien) vor das Gerichtsgebäude der Stadt. Drinnen wurde gegen Robert Irminger verhandelt, aktives Mitglied der International Longshoremen's and Warehousemen's Union (ILWU), der Hafenarbeitergewerkschaft an der nordamerikanischen Westküste.

Irminger steht seit Oktober letzten Jahres vor Gericht, weil er an einer Aktion beteiligt gewesen war, die den Reedern und Spediteuren gar nicht behagen konnte: Irminger hatte mit anderen Mitgliedern eines Komitees zur Verteidigung der Liverpooler Hafenarbeiter im September 1997 ein Schiff boykottiert, die «Neptune Jade».

Unter der Fracht, welche die «Neptune Jade» im September letzten Jahres in Oakland löschen wollte, waren sechs Container, die von Streikbrechern der Liverpooler Hafenfirma MDHC geladen worden waren. MDHC hatte zwei Jahre zuvor in Liverpool alle Docker gefeuert. In Solidarität mit diesen Kollegen, die damals immer noch um ihre Jobs kämpften, lehnten es die Docker ab, die Ladung der «Neptune Jade» zu löschen.

Das Schiff legte ab, Anwälte der Reederei erwirkten einen Gerichtsbeschluss, das Schiff legte wieder an – doch die Boykottposten ignorierten die gerichtliche Verfügung, sie standen immer noch da. Nach drei Tagen fuhr die «Neptune Jade» weiter. Doch im kanadischen Vancouver, das sie dann anlief, warteten die Docker schon auf das Schiff, ebenso in Yokohama und Kobe (Japan). Was aus den Containern wurde, ist unbekannt; nicht einmal das Schicksal des Schiffes ist gewiss – manche wollen gehört haben, dass es in Taiwan verschrottet wurde, anderen Quellen zufolge wurde es von der Hongkonger Neptune-Line verkauft, umlackiert und umgetauft.

Robert Irminger wurde zuerst wegen Missachtung des Gerichts angeklagt, doch die Unternehmervereinigung Pacific Maritime Association PMA, die den Gerichtsbeschluss gegen die Boykottposten erwirkt hatte, verlangt mehr. Sie fordert von Irminger, der als Einziger identifiziert worden war, die Herausgabe der Namen seiner Mitboykotteure.

Die Unternehmen wollen ein Exempel statuieren: Während des australischen Dockerstreiks hatten ILWU- Mitglieder wiederholt Schiffe boykottiert, die von Streikbrechern beladen worden waren. Für die ILWU ist das Verfahren ein Angriff auf ihre Handlungsmöglichkeiten – deswegen ruht an den Prozesstagen die Arbeit im Hafen. Das kann noch ein paar Mal passieren, denn der Prozess zieht sich hin. Mitte August wird weiterverhandelt.


Nachtrag: Im November 1998 liess die PMA ihre Klage fallen. Sie hatte sich mit der ILWU geeinigt und den Dockern das Recht auf Organisations- und Versammlungsfreiheit zugestanden. Der Rückzug erfolgte nicht zufällig zu einem Zeitpunkt, als sich die Internationale Transportarbeiter-Föderation ITF zu ihrem Kongress traf. Auf der Tagesordnung standen Solidaritätsaktionen für die ILWU-Docker. (pw)