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Buchkritik: «Türzwerge schlägt man nicht»

Sittenbilder von den Inseln

21. Januar 2015 | Wer mehr über die gesellschaftlichen Verhältnisse in Irland und Britannien wissen will, greift zur Fachliteratur. Oder zu einem empfehlenswerten Büchlein.

Cover des Buchs «Türzwerge schlägt man nicht»Kann man ein Buch, das überwiegend aus kurzen Texten des begnadeten «taz»-Kolumnisten und erfahrenen Reporters Ralf Sotscheck besteht, in einer Sachbuchrubrik vorstellen – einer Rubrik also, die sich überwiegend mit politwissenschaftlichen, ökonomischen oder sonstigen sehr ernsthaften und fundierten Büchern beschäftigt? Man kann nicht nur, man muss sogar.

Denn all die Geschichten, die Sotscheck manchmal lapidar, oft spöttisch und mit einem sicheren Gespür fürs Skurrile erzählt, basieren auf Fakten. Sie schildern eindrücklicher als manche trockene Analyse die gesellschaftlichen Zuständen in Britannien und Irland. Und sie sind hochpolitisch – weil der Autor unten und oben nicht verwechselt. Er beschreibt die Blödheiten, die es unten natürlich auch gibt, zwar ebenfalls bissig, aber längst nicht so sarkastisch wie den Protz, den Dünkel, die Arroganz und das Unvermögen der Reichen, Mächtigen und Arrivierten.

Und so erfährt man, wie der Steuerflüchtling Bono von U2 einmal drei «Afrikanerinnen» Manieren beizubringen versuchte (es waren die US-Präsidentengattin Michelle Obama und ihre beiden Töchter). Dass beim «Arthur's Day» der Guinness-Brauerei 2013 ein neuer Rekord aufgestellt wurde (921 Mägen mussten ausgepumpt werden). Dass die irischen Behörden noch immer Hexafluoridkiesel ins Trinkwasser mischen, obwohl das laut einer Untersuchung den IQ senken soll (weshalb sich die Regierung weigert, das Gesetz aufzuheben). Was Prinz Charles besitzt und wie er seine Steuerbefreiung rechtfertigt. Welche Sorgen die britischen Lords haben. Und was Tony Blair bereut (nicht den Irakkrieg).

Nach und nach tauchen alle auf: Tumbe PolitikerInnen, privatisierungsbessenene Behörden, der Hundepsychologe der Queen, vorbestrafte Polizisten (rund tausend davon gibt es Britannien), handyverrückte Jugendliche, potemkinsche Dörfer beim G8-Gipfel 2013 in Nordirland, englische Heimwerker an der Gasleitung … Aber was schreibe ich da? Selber lesen! (pw)