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Deutschland: Konstanzer Aufruf an die Grünen

«Stoppt CETA im Bundesrat!»

10. Januar 2018 | Das Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel hat eine neue Aktion lanciert: Es will die baden-württembergischen Grünen dazu bringen, das kanadisch-europäische Freihandelsabkommen CETA im Bundesrat abzulehnen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist ein hartgesottener Politiker – vor allem dann, wenn es um die Belange der Industrie geht. Bei der Diesel-Debatte hat er sich schnurstracks auf die Seite der Autoindustrie geschlagen, höhere Unternehmensteuern lehnt er seit jeher ab, und als ihm die jugendliche Greenpeace-Gruppe Schwabenpower im Herbst knapp 80.000 Unterschriften gegen das umstrittenen Handelsabkommen CETA überreichte, reagierte er höchst ungehalten. Bewirken also BürgerInnenproteste nichts? Auch dann nicht, wenn sie sich an die Adresse der Grünen richten, die Baden-Württemberg seit 2011 regieren und in Sonntagsreden stets für mehr «Bürgerbeteilung» versprechen?

Das sieht das Konstanzer Bündnis für gerechten Welthandel – gegen TTIP, CETA und TiSA anders. Und hat deshalb zu Jahresbeginn eine Kampagne gestartet, die sich nicht an Kretschmann richtet, sondern an die Partei, genauer: an den Vorstand und an die Fraktionsführung im Stuttgarter Landtag. Stossrichtung der Aktion: Zeigt Haltung! Lasst Euch nicht von Konzernlobbys einspannen! Lehnt CETA ab! Die unterschwellige Botschaft dabei: Mann und Frau werde sich bei der nächsten Wahl genau überlegen, welche Partei noch wählbar sei.

Worum geht es? Nach jahrelangen Verhandlungen haben die EU-Kommission und die kanadische Regierung im Herbst 2016 das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA unterzeichnet; im Februar 2017 wurde es vom EU-Parlament gutgeheißen; am 21. September 2017 trat es teilweise und vorübergehend in Kraft. Und das, obwohl 2014/15 europaweit über 3,5 Millionen BürgerInnen eine Europäische Bürgerinitiative gegen CETA (und das US-EU-Freihandelsabkommen TTIP) unterzeichnet hatten. Obwohl namhafte Organisationen wie der Deutsche Richterbund, die Gewerkschaften, der Deutsche Kulturrat, Umweltverbände und Bürgerinitiativen das Abkommen ablehnen. Obwohl im Oktober 2015 in Berlin rund eine Viertel Million Menschen und im September 2016 etwa 300.000 in sieben Großstädten (darunter in Stuttgart) auf die Straße gegangen waren.

Ihre Kritik hat Hand und Fuß: CETA schadet der Umwelt und den Menschen. Es erlaubt den Import von (in Kanada geförderten) Teersandölen, bevorzugt die industrielle Landwirtschaft, untergräbt Verbraucher- und Beschäftigtenrechte und erleichtert den Handel mit Gentech-Produkten. Es gewährt international agierenden Großkonzernen das Recht, Staaten, Länder und Gemeinden zu verklagen, wenn sie (auf Druck von unten) Maßnahmen ergreifen, die zwar Natur und Bevölkerung schützen, sich aber profitmindernd auswirken könnten. Und es installiert die sogenannte regulatorische Kooperation, bei der von Lobbyisten beeinflusste Gremien künftig nationale Gesetzesentwürfe prüfen, bevor gewählte ParlamentarierInnen sie überhaupt gesehen haben.

Während CDU/CSU und die FDP stramm für CETA sind und sich die SPD-Spitze nach langen internen Debatten dafür ausgesprochen hat, lehnt die Partei Die Linke das Vorhaben strikt ab. Auch die Grünen sind dagegen – mit einer Ausnahme: Die von Baden-Württemberg halten sich bedeckt. Ein Teil der maßgeblichen PolitikerInnen in Regierung und Fraktion befürwortet CETA, viele an der grünen Basis sind eher dagegen.

Das ergibt im Bundesrat, der CETA ratifizieren muss, eine interessante Konstellation. Da an zehn der sechzehn Landesregierungen Linke und/oder Grüne beteiligt sind, ist eine Mehrheit gegen CETA denkbar – sofern Baden-Württemberg dagegen stimmt oder sich der Stimme enthält (was einer Ablehnung gleichkommt). Das heißt: Es kommt ganz entscheidend auf das Votum des grün-schwarzen Kabinetts an. Normalerweise einigen sich Koalitionsregierungen schon im Vorfeld darauf, wie sie im Bundesrat votieren; in den meisten Fällen legen sie bereits im Koalitionsvertrag fest, dass sie sich bei strittigen Fragen der Stimme enthalten. Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag vom Frühjahr 2016 fehlt diese Festlegung: Er erwähnt zwar internationale Handelsabkommen, vermeidet aber eine klare Positionierung.

Hier will das Konstanzer Bündnis nachhelfen – und hat daher auf seiner Webseite den Aufruf lanciert: Stoppt CETA im Bundesrat!. Er darf gerne unterschrieben werden. Natürlich gibt es auch Unterschriftenbögen für alle, die im Bekanntenkreis oder auf Veranstaltungen die Aktion unterstützen wollen. Einfach den Link hier anklicken, den Bogen ausdrucken, ausfüllen (lassen) und zurücksenden. (pw)