150 Jahre OV Medien Konstanz: Stadtrundgänge

Solidarität vor Ort

18. April 2022 | Kommende Woche setzen sich die Veranstaltungen zum runden Jahrestag der Konstanzer Mediengewerkschaft fort. Teil 3: Die Stadtführungen

In den bisherigen Beträgen über das «Festival der Solidarität» des ver.di-Ortsvereins Medien+Kunst Konstanz war von den Konzerten und den Filmen des Ortsvereins die Rede. Aber es gibt noch mehr, viel mehr. Beispielsweise die Stadtführungen, die ab sofort angeboten werden.

Viele kennen den Namen Georg Elser und haben von dem Kunstschreiner gehört, der am 8. November 1939 Adolf Hitler und dessen Entourage an die Decke des Münchner Bürgerbraukellers sprengen wollte – und um wenige Minuten verfehlte. Manche haben auch gehört oder gelesen, dass er an der Konstanzer Grenze gefasst und 1945 im KZ Dachau ermordet wurde. Aber wer weiß schon, dass er zuvor – von 1925 bis 1932 – in Konstanz lebte und hier politisiert wurde? Und wo er gewohnt hat?

Dass Konstanz im Vormärz als „Hort der Freiheit“ galt, ist ebenfalls nur wenigen bewusst. Dass von hier aus im April 1948 Friedrich Hecker und Gustav Struwe mit vielleicht drei Dutzend demokratischer Revolutionäre Richtung Karlsruhe zogen, um die Monarchie zu stürzen, ist all jenen bewusst, die das Relief am ehemaligen Stadthaus (heute Bürgersaal) gesehen haben. Aber warum hatte Konstanz diesen Ruf einer freiheitlichen Stadt?

Es gibt viel Interessantes aus der Geschichte des langen Kampfs für Freiheit und soziale Rechte zu erfahren, das noch nicht im öffentlichen Bewusstsein angekommen ist: Wie brachten die Kuriere der Roten Feldpost während der Zeit der Sozialistengesetze (1878–1890) illegale, in Zürich gedruckte Schriften über die Grenze? Wo deponierten sie die Exemplare der verbotenenen Zeitung «Der Sozialdemokrat»?

Viele Fragen

In welchen Kneipen trafen sich Konstanzer Sozialisten und Gewerkschafter (es waren damals vor allem Männer), um über Auswege aus ihrem Elend zu diskutieren – den miserablen Arbeitsbedingungen, die langen Arbeitszeiten, den verheerend tiefen Löhnen? Wo versammelten sich noch während des Sozialisten- und Gewerkschaftsverbots 400 Konstanzer Arbeiter zum 1. Mai und forderten den Achtstundentag?

Wann entstand unter welchen Vorzeichen der Konstanzer Frauenstimmrechtsverein? Warum stürmten im September 1919 Konstanzer Gewerkschafter:innen das Rathaus und was forderten sie? Was war in dieser Stadt während der Nazizeit los? Und auf welchem Platz fand die legendäre 1.-Mai-Kundgebung 1975 statt, der sich eine Demo an die Villengrundstücke am Seeufer anschloss, die die alte Forderung nach einem freien Seezugang für alle durchsetzen half?

Ohne Streiks, ohne Kampagnen, ohne politische und gewerkschaftliche Initiativen wäre Konstanz vielleicht immer noch das „verlumpte Pfaffennest“ von einst. Jedenfalls haben die vielen Kämpfe für Demokratie und Gerechtigkeit die Stadt und das Leben der Lohnabhängigen hier verändert. „Druck (von unten) machen“ zahlt sich also aus. Ohne gemeinsame Gegenwehr wären wir immer noch rechtlos, gäbe es keine Tarifverträge, keine soziale Absicherung (so gering sie auch ist).

Termine, Kosten, Anmeldung

Wo wann was passierte, erzählen die beiden Stadtführer:innen Danni Frey und Peter Regelmann auf Rundgängen, die der Konstanzer ver.di-Ortsverein Medien+Kunst anlässlich seines 150-Jahr-Jubiläums organisiert hat.

Da es in Konstanz mehr zu sehen gibt, als in eine Stadtführung passt, werden zwei Routen angeboten: Eine vom Hafen über Marktstätte und Stephansplatz zur Niederburg (Route Nord). Und eine vom Bahnhof durch die südliche Innenstadt und Stadelhofen zur Grenze.

Folgende Termine sind bisher vorgesehen: – Mi., 20. April, 17 Uhr (Nord-Route); – So., 24. April, 11 Uhr (Süd-Route); – Mi., 27. April, 17 Uhr (Nord-Route); – So., 8. Mai, 11 Uhr (Süd-Route); – Mi., 11. Mai, 17 Uhr (Nord-Route); – So., 15. Mai, 11 Uhr (Süd-Route); – Mi ., 18. Mai, 17 Uhr (Süd-Route); – So., 22. Mai, 11 Uhr (Nord-Route). Außerdem werden beide Routen am 1. Mai nach der Maikundgebung angeboten (Treffpunkt Stadtgarten um ca. 13 Uhr).

Die Führungen kosten pro Person 10 Euro, Gruppen bis 15 Personen zahlen 110 Euro, bis 20 Personen 120 Euro. Ermäßigung gibt es für Schulklassen und Gewerkschaftsjugendgruppen (85 Euro). Da die Rundgänge erst aber einer Teilnehmendenzahl von fünf Personen stattfinden, ist eine Anmeldung unbedingt erforderlich – entweder über das Formular auf der Jubiläumswebseite des Ortsvereins Medien+Kunst oder direkt bei den Guides; Danni Frey (Route Nord), daniela@textdestille.de, und Johann-Peter Regelmann (Route Süd), johann-peter.regelmann@tele2.de

Kommen Sie mit und lernen Sie ein Konstanz kennen, das Sie so noch nicht gesehen haben! (pw)