Kapital & Arbeit: Maultaschenverleihung 2011

Ein zugenagelter Verleger

28. August 2011 | Der Konstanzer Terra-Verlag, das Singener Metallunternehmen Gohl und der Insolvenzverwalter der Reichenauer Firma Maurer-Atmos haben verdientermassen den Konstanzer Maultaschenpreis gewonnen.


Sie mussten wochenlang an leergeräumten Schreibtischen sitzen und durften nur die Wand anstarren. Sie hatten klaglos Aktenordner und Papiere wegzuräumen, die der Chef nachts aus den Regalen riss. Ihnen wurde mitten im Winter befohlen, auf dem Firmenparkplatz das Gras zwischen den Pflastersteinen rauszurupfen. Sie wurden angeschrieen, bedroht und abgemahnt – und das nur, weil sie einen Betriebsrat gegründet hatten und ihr verbrieftes Recht auf Mitbestimmung wahrnehmen wollten.

Er habe es in seinen vielen Jahren als aktiver Gewerkschafter noch nie erlebt, dass «so auf Menschen eingedroschen wird», sagte Markus Klemt am Donnerstag vergangener Woche an einer Pressekonferenz in Konstanz. Der Sekretär der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begründete damit die Verleihung des Maultaschenpreises 2011 an den Konstanzer Terra-Verlag. Der Negativ-Award ist benannt nach einem Skandal vor zwei Jahren, als eine langjährige Altenpflegerin von der Spitalstiftung Konstanz gefeuert wurde, weil sie ein paar übrig gebliebene Maultaschen (grosse Ravioli) eingesteckt hatte; er wird seither an besonders beschäftigtenfeindliche Unternehmen vergeben.

Terra-Geschäftsführer Dirk Heizmann schikanierte nicht nur. Er halbierte auch die Belegschaft – und offerierte den Entlassenen neue Stellen bei einer Leiharbeitsfirma, die er im schweizerischen Kreuzlingen gegründet hatte. Dort bot er ihnen den alten Arbeitsplatz wieder an, allerdings zu erheblich schlechteren Bedingungen.

Ebenfalls die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte missachtet hat das Singener Metallunternehmen Gohl, das vom Maultaschenkomitee den zweiten Platz zugesprochen bekam; der dritte Preis ging an einen Insolvenzverwalter. 2010 hatte ein Konstanzer Hotelier den Hauptpreis bekommen; ein halbes Jahr später stellte er den Gastbetrieb ein.

Als das Komitee der Terrra-Verlagsleitung die Maultasche überreichen wollte, verweigerte diese das Gespräch. Die Laudatio wurde trotzdem verlesen: vor dem Firmensitz per Megaphon. (pw)


Ausführliche Informationen zu den Preisträgern 2011 bietet die Website des Maultaschenkomitees: www.konstanzer-maultaschenpreis.de


PS: Im Unterschied zur Maultaschenverleihung 2010, über die der Südkurier verspätet, aber immerhin berichtete, veröffentlichte das Konstanzer Regionalblatt dieses Mal keine Zeile.